Dies ist eine Publikation des Halbwissens. Sowohl auf der Seite des Autors, als auch auf der Seite der Protagonisten. Und natürlich gänzlich auf dieser Seite (4). Das Wissen, das mit einfließt, kann man vom Brockhaus bis nach Wikipedia nachlesen; hier war es zu keinem Zeitpunkt Objekt der Begierde. Eher das Unwissen, Falschwissen, Projektionswissen, Wunschwissen, da es Platz für Spekulationen jeglicher Art bereithält und hartnäckig der offiziellen Propaganda (oder vielleicht dem Propagandawissen) widerspricht oder ihr (ihm) gar auf den Leim geht. (Hüter des Grals, hütet Euch!)
Dies ist eine Publikation der ikonischen Verneinung. 100 Jahre Bauhaus sind nicht hundert Jahre Bauhaus, Bauhaus ist nicht Bauhaus und ein Stil ist es schon gar nicht. Eine Idee, so sagt man, um den Mythos noch weiter zu mythologisieren und die Spähren gottgleich zu erweitern (vielleicht auch nur, um den Holländern Knüppel zwischen die flinken Beine zu werfen?). Ob der Abgründigkeit der Gottheiten, der Vollkommenheit der Unvollkommenen oder der Heilsbringung der Opportunisten bekommt der Wissenschaftler schon mal Falten auf der Stirn, der Pressechef heimliche Panikattacken und der Laie kalte Füße. Und am Ende stellt sich heraus, dass es nicht einmal mit schwarz-weiß getan ist. Denn die Offiziellen waren durchweg nicht bereit, ihrer Meinung außerhalb der (verordneten?) Lesweise Ausdruck zu verleihen. Und so erscheint es auch nicht aberwitzig, dass einige Privatmenschen im Bauhaus als Hauptgrund ihrer Liebe das Ikonische nennen und noch aberwitziger: dies auch fühlen. Man erfreut sich des öffentlichen Interesses, schwitzt sich aber täglich halb tot (nicht nur in Detroit). Ist das Bauhaus (im Nachhinein) in Deutschland so erfolgreich, weil es die Revolution nie im Kopf hatte?
Dies ist eine Publikation der Unvollständigkeit. Die Ortswahl im Ranking architektonischer Globalisierung wurde rein intuitiv-organisatorisch getroffen und mitunter durch banalste Ereignisse wie Flugpläne oder auch Fluggesellschaftsbankrotterklärungen sowie budgetäre Verhältnisse nachhaltig beeinflusst. Dennoch ist es gelungen, die hundert zu sprechen, die wirklich sprechen wollten. Statistisch gesehen ist es natürlich fatal, dass die, die nicht sprechen wollten, auch nicht zur Sprache kommen. Aber dem Ergebnis (sollte es eines geben) tut es auch keinen Abbruch. Im Gegenteil, denn es gibt kein Ergebnis, außer dem, dass die Architektur des Lebens deutlich stärker ist als hundert Jahre ‚ikonisches Bauen‘. Die Menschen lieben diese Architektur (welche?) und widersetzen sich Ihrer gleichzeitig, physisch wie psychisch. Um hundert zum Sprechen zu bringen, mussten natürlich deutlich mehr besucht werden. Und zuguterletzt wurden es wenige mehr, die hier publiziert sind (und noch einige oben drauf, die zwar sprechen aber nicht fotografiert werden wollten etc.). Insofern handelt es sich um eine doppelte Unvollständigkeit, sowohl in statistischer Relevanz, als auch als technische Zahl, womit süffisanterweise nur die ikonische Zahl übrigbleibt: 100 (q.e.d.).
Dies ist eine Publikation der Unschärfe. Architektennamen werden Sie hier nicht finden (außer die unvermeidlichen). Die Unschärfe des Bauhauses (schon so einfache Folgen wie International Stile werden nicht gefeiert), die Unschärfe von Singular und Plural, die Gender-Unschärfe (die Haus, der Wohnung, das Arbeit) und die Unschärfe von parteiergreifender Wortwahl ergeben zusammen ein gestochen-scharfes Bild von 100 Menschen an 78 Orten in 17 Städten im Jahre 2019, die wiederum mit der Unschärfe des Feierns mal verbunden, mal an sie gebunden oder auch mal von ihr entbunden sind: hundert Jahre Unschärfe zwischen Zeugung und Erbe.